Bernhard Engelbrecht, Wien

Die IT-unterstützte Erzeugung eines Atlas aus großen Datenbeständen

Vorwort

Heute werden bei größeren Karten-Verlagen die Daten blattschnittfrei verwaltet. Wird eine Karte gedruckt, egal ob eine spezielle Karte eines Kunden oder eine Karte aus dem Verlagsprogramm, wird ein Bereich aus den Grunddaten genommen. Dabei werden alle Daten entsprechend des gewählten Bereichsgrenzen abgeschnitten. Das hat zur Folge, dass Namen abgeschnitten werden bzw. nur teilweise in der Karte enthalten sind. Speziell gesperrte Namen wie Gebirgszüge- oder Regionsbeschriftungen (z.B. Bundesland, Staatsnamen) werden sinnentleert abgeschnitten.

Um keine abgeschnittenen Namen auf der Karte zu haben, ist es notwendig, entweder einen Namen wegzulassen, ihn zu skalieren oder ihn zu verschieben. Dies ist die wichtigste Arbeit der Randbereinigung. Die Randbereinigung ist noch immer eine manuelle Tätigkeit. Da die Personalkosten in Mitteleuropa hoch sind, ist der Aufwand für die Randbereinigung hoch. Besonders aufwändig ist die Randbereinigung bei

- der Herstellung von Atlanten
und bei
- periodisch erscheinenden Kartenwerken.

Bei Atlanten muss bei jeder Atlasseite eine Randbereinigung durchgeführt werden. Kartenwerke, welche in regelmäßigen Abständen mit aktualisierten Daten herausgegeben werden, bedürfen jedesmal einer Randbereinigung.

Aus diesem Grund sind sowohl private Kartenverlage aber auch staatliche Ämter dazuübergangen, den Kartenschnitt zu änderen und größere Überlappungsbereiche der benachbarten Kartenblätter einzuführen.

Das Fehlen der Randbereinigung bedeutet einen Qualitätsverlust der Karte. Gerade in Zeiten, in welchen mit der Verwendung von Computerapplikationen Karten viel komfortabler erstellt werden, ist es bedauerlich, dass das gedruckte Kartenbild schlechter wird!

Im Folgenden soll eine Lösung vorgestellt werden, welche die Arbeit der Randbereinigung wesentlich vereinfacht.

1 Einleitung

Zuerst soll ein kurzer Blick darauf geworfen werden, wie in den letzten Jahren ein Atlas-Seite oder Karte aus einem großen Datenbestand hergestellt wird. Jede Atlas-Seite oder finallisiete Karte entsteht aus zwei Teilen:

- (Geo-)Karte mit den Inhalten aus dem Grunddatenbestand und

- Kartenrand mit Randbeschriftung, Wanze, Suchfeldaufdrucken usw..

Beides wird für den Druck als ein einziges PDF ausgegeben. In der Vorbereitung werden sie als zwei getrennte Datensätze behandelt. Je nach GIS oder Kartensoftware werden diese Datensätze unterschiedlich bezeichnet.

In CAD-Programmen hieße dies, es gibt zwei Zeichnungsdateien, eines mit dem Inhalt der Karte, eines mit den Kartenrandeinträgen. Das Denkmodell mit zwei Dateien ist besonders nützlich, denn es wirft einen speziellen Blick auf das Rechte-Management an den graphischen Daten. In der Hauptdatei können Elemente manipuliert werden, in der Referenzdatei, welche dahinter angezeigt wird, sind keine Datenveränderungen möglich. Das heißt, der Kartograph arbeitet an der Gestaltung des Kartenrandes, aber die Grunddaten werden nicht verändert, können gar nicht verändert werden, denn die Software blockiert das!

Die referenzierten Geodaten sind nicht die originalen Grunddaten, sie sind eine Kopie der Daten für den Ausgabebereich der Karte. Sie sind eine Kopie, weil an allen graphischen Elementen, welche über die Karte gehen, Veränderungen durchgeführt werden müssen. Dies wird Randbereinigung genannt. Die folgende Liste zeigt, was bei der Randbereinigung gemacht wird.

Die folgende Liste zeigt die Veränderungen, welche bei der Randbereinigung Text-Elementen durchgeführt werden:

(1) Löschen unwichtiger Namen
(2) Verschieben von Namen in das Kartenfeld
(3) Neu platzieren von wichtigen Namen, die zur Orientierung nütig sind
(4) Skalieren von Namen oder Benutzen einer andere Schriftart, damit er vollständig im Kartenfeld sichtbar sind

Die Veränderung ist raffiniert und möglich in CAD-Softwareprogrammen, aber sie bricht mit der GIS-Philosophie - eine Ebene, eine Darstellungsform -.

In diesem "klassischen" Arbeitsablauf mit Randbereinigung muss bei jeder Aktualisierung der Karte auch allen Veränderungen, die an den Elementen vorgenommen wurden, erneut durchgeführt werden! Furchtbar! Alle Arbeiten werden händisch ausgeführt. Jedes Mal können Fehler passieren. Korrektur-Schleifen sind notwendig. Das kostet Zeit. Zeit ist Geld - Aus diesem Grund wird heute oft auf Randbereinigung verzichtet. Als Alternative werden auf benachtbarten Kartenblättern/seiten breite Überlappungsbereiche verwendet.

Für alle Lösungskonzept gilt, dass es ganz egal ist, wie die Daten gespeichert werden. Es macht keinen Unterschied, ob die Daten in Dateien oder ein einer Datenbank abgelegt sind. Es werden die Begriffe "Kartenrand-Zeichnung" und "Geo-Karten-Zeichnung" für die zwei Gruppen von Daten verwendet, die in der Ausgabe-Karte vorkommen. Die vorgestellten Konzepte setzen voraus, dass Software-Funktionen existieren, die einen direkten Zugriff auf die Elemente in ihren Speicherformaten haben, z.B. SQL.

2 Konzept Automationsunterstützte Randbereinigung

Das Ziel eines modernen Systems von Randbereinigung ist, dass keine Veränderungen an den Basisdaten bzw. der Kopie der Basisdaten gemacht werden. Aber trotzdem werden alle Veränderungen der Randbereinging registriert für die nächste Kartenausgabe.

Die Kartenrand-Zeichnung wird als Träger der Informationen für die Randbereinigung genutzt. Während die Geo-Karte-Zeichnung für jede Kartenausgabe neu aus dem Grunddaten erzeugt wird, wird die Kartenrand-Zeichnung aufgehoben. Die Kartenrand-Zeichnung wird aufgehoben. In diesem braucht - da sich der Blattschnitt nicht ändert - nur geringfügige Änderungen durchgeführt werden wie z.B. das Produktionsdatum oder die Laufzeit der Karte.

Im folgenden wird ein Augenmerk auf die Bearbeitung der Texte am Kartenrand geworfen, das gleiche gilt aber auch für die Symbole.

In der Kartenrand-Zeichnung werden Masken um jene Namen gelegt, welche in der Karten-Zeichnung liegen und abgeschnitten werden. Dann werden die neuen Namen platziert oder als Kopie aus der Geo-Karten-Zeichnung an die neue Position verschoben.

Vor der Ausgabe des Kartenblattes werden die Geo-Karten- und die Kartenrand-Zeichnung vereint. Die "Zusammenspiel-Software" spielt nur jene Elemente aus der Geo-Karten-Zeichnung, welche keine Maskierung in der Kartenrand-Zeichnung haben und alle Elemente außer den Maskierungen aus der Kartenrand- Zeichnung zusammen.

Dies ermöglicht, dass bei der nächsten Ausgabe dieses Kartenblattes nur die Karten-Zeichnung ausgetauscht werden braucht. Eine Durchsicht des Kartenrandes ist aber trotzdem notwendig, denn es könnte sein, dass ein Namen in den Grunddaten beändert oder ergänzt wurde und daher die Maske nicht mehr stimmt oder fehlt. Doch die Arbeitsersparnis, 95 % der Randbereinigung bei jeder Kartenausgabe wieder verwenden zu können, ist extrem!

Der wichtigste Teil dieses Konzeptes für die Randbereinigung ist die Software, welche die zwei unterschiedlichen Datengruppen/Zeichnungen zusammenspielt. Zusätzliche Software-Funktionen unterstützen die Arbeit des Kartographen:

(1) Automatisches Erzeugen von Masken um alle Namen, welche durch den Rand abgeschnitten werden.

(2) Einfache Gehezu-Funktion, mit der von Element zu Element gesprungen werden kann und der Bearbeiter die Randbereinigung durchführt. So wird die Gefahr, ein Element bei der Bearbeitung zu vergessen, reduziert. Eine solche Funktion kann man sich vorstellen wie die Steuerung bei einem Videorecorde mit "Vorwärtsspielen", "Rückwärtsspielen", "Schnell vorwärts", "Schnell rückwärts" und "Zug einer Position vorspielen".

3 Automatische Randbereinigung

Bevor über die automatische Randbereinigung nachgedacht werden kann, ist ein Blick auf die Daten und ihre Struktur notwendig. Es gibt folgende Element-Typen in den Daten:

Bilder/Images
Linien
Flächen
Punkt/Symbol
Text

Es gibt 3 "klassische" Methoden Daten für einen rechtwinkeligen Bereich herauszuholen:

Innerhalb
Überschneiden
Abschneiden

Die typische Methode um aus Daten einen Seite/Karte herauszuholen ist "Abschneiden". Aber bei einer genaueren Betrachtung zeigen sich verschiedene Probleme. Unterschiedliche Lösungen sind notwendig.

3.1 Bilder/Images

Normalerweise wird die Geländeschummerung in Graustufen- oder Farbrasterdateien gespeichert. Jede Rasterdatei ist rechtwinkelig. In einigen Rasterdateiformaten wird die geographische Lage- und Projektionsinformation (geolocation) mit gespeichert, wie z.B. bei den GEOTiffs. Bei einigen Systemen werden die Parameter in zusätzlichen Dateien gespeichert, z.B. tfw-Datei. Das Schneiden eines rechtwinkeligen Bereiches aus einer Rasterdatei ist einfach. Eine Vielzahl von Softwareprogrammen können da. Daher soll hier keine weiteren Betrachtungen zu dem Thema gemacht werden.

3.2 Linien

Eine Linie, typischer Element-Typ für kleine Flüsse und Straßen, kann an der Ausschnittgrenze ein oder mehrmals geschnitten werden. Das bedeutet, dass als der Ergebnis des "Abschneiden" aus einer Linie ein oder mehrere Linien entstehen können. Für diesen Schritt gibt es in den meisten Software-Programmen saubere Funktionen. Daher soll hier keine weiteren Betrachtungen zu dem Thema gemacht werden.

3.3 Fläche

Typische Flächenelemente in Karten sind Seen, das Meer und der Wald. Mit Flächen passiert bei der Randbereinigung das gleich wie mit Linien. Eine Fläche kann in eine oder mehr Flächen zerlegt werden. Für diese Teilung gibt es eine Vielzahl von mathematischen Lösungen. Die Umsetzung in Software-Applikationen ist manchmal nicht sauber. Es werden hier keine weiteren Betrachtungen zu dem Thema gemacht.

3.4 Punkt/Symbol

In jeder Karte gibt es eine Vielzahl von Punkt-Elementen. Ein Punkt-Element kann ein Ortssymbol oder irgendein "point of interest" sein. Auf den ersten Blick schaut es einfach aus. Ein Punkt kann innerhalb oder außerhalb des Kartenausschnitts sein. Obwohl ein Punkt in einem GI-System nur mit einer Koordinate abgespeichert wird, seine graphische Darstellung in der Karte ist eine Fläche. Die graphische Darstellung wird in der Regel aus Symbol- Bibliotheken genommen. Die verschiedenen GI-Systeme unterstützen Raster- und Vektorsymbole. Weil ein Symbol in der Darstellunge einen Fläche abdeckt, wird das Syobl auch an der Ausschnittsgrenze abgeschnitten. Das macht bei einfachen Symbolen nicht viel aus. Aber es ist auch möglich, dass ein Kartenbenutzer ein abgeschnittes Symbol nicht erkennt.

Für eine automatische Randbereinigung sind folgende Parameter notwendig:

Liste der Ebenen (Symbole), welche im Falle eines Schnittes, automatisch gelöscht werden
Liste der Ebenen (Symbole), welche automatisch in den Kartenausschnitt hineinverschoben werden
Alle Ebenen (Symbole), die nicht in einer der beiden Listen vorkommte, wird geschnitten.

3.5 Text

Die Texte sind die wichtigsten Elemente, die eine Aussage über die Qualität der Darstellung einer Karte geben. Deshalb soll ihre Behandlung genauer betrachtet werden.

In einer Karte gibt es aus Sicht der EDV verschiedene Arten von Texten:

a) horizontaler Text
b) Text mit Einsetzpunkt und Richtung
c) Text zwischen 2 Punkten
d) Text mit einer kurvigen oder linearen Basis und individuellem Abstand zwischen den Buchstaben, z.B. Bergnamen

Die Text-Arten a)-c) kann mann zusammenfassen als "Text mit Anfangs- und Endpunkt".

Karten-Benutzer können einen zerschnittenen Text nicht lesen. Optimal wäre eine Randbereinigungsfunktion, welche vollautomatisch die Texte korrigiert. Das Finden einer optimale Position für einen verschobenen Text, der nicht einen anderen Text oder Symbol abdeckt, ist für den Computer ein kompliziertes Problem im Gegensatz zum menschlichen Auge. Viele Forschungsarbeiten haben sich damit beschäftigt, doch der Autor kennt keine Lösung, die den Weg in verbreitete GIS- und Kartographie-Applikationen gefunden hat.

Ein Ansatz für eine gute Lösung wäre die Vergabe von Bedeutungsgewichten für jede Text-Ebene. Im einfachsten Fall wird festgelegt, ob eine Text-Ebene wichtig oder unwichtig ist.

Auf Grund des Problems, dass ein Text nicht verschoben werden kann, wird der Text skaliert. Wie schon am Anfang geschrieben, ist das in einem GI-System nicht möglich. Machbar ist aber, ein Element aus einer Ebene in eine andere Ebene mit unterschiedlichen Text-Eigenschaften zu verschieben. Die Software-Application benötigt eine Liste mit zwei Spalten. In der ersten Spalte steht der Name jener Text-Ebene, in welcher das Text-Element liegt, in der zweiten Spalte steht der Name jender Text-Ebene, in welche das Text-Element verschoben wird. Wenn das Text-Element mit individuellen Buchstabenabstand platziert ist, dann versucht die Application zuerst den Text so zu modifizieren, dass der Abstand zwischen den Buchstaben minimiert wird. Bringt das keinen Erfolg, wird der Text in eine andere Ebene verschoben.

Trotzdem gibt es Text-Elemente in der Karte, die derart wichtig ist, dass sie nicht skaliert werden darf. Dieser Text wird automatisch senkrecht im Rand platziert. Dieser Art von Text ist der einzige, der dem automatischen Prozess Probleme bereiten kann. Die Software-Funktion muss sauber programmiert werden und auch Fälle, wie zwei wichtige Texte überlappen sich, berücksichtigen. Für die Software-Funktion ist eine Liste der Ebenen notwendig.

Alle Ebenen, welche nicht in den beiden anderen Listen enthalten sind, werden gelöscht.

4. Zusammenfassung und Zukunft

Es wurde gezeigt, dass die Randbereinigung mit geeignten Softwareapplikationen einfach und großteils automatisch durchgeführt werden kann. Die vorgestellten Methoden wurden in de Kartographischen Softwarapplikation geoLion realisiert.

Heute erscheint es so, dass eine Randbereinigung nur ein Thema für gedruckte Karten ist. Aber es ist zu erwarten, dass in Zukunft auch Karten im Internet durch eine automatische Randbereinigung laufen. Der Großteil der PCs zu Hause haben mehr Rechenleistung als die täglich benutzten Applikationen benötigen. Die Berechnungen könnten aber auch auf dem Karten-Server in der Cloud laufen. So ist es kein Problem, dass die Randbereinigung "on-the-fly", beim Empfangen der für einen Bereich angeforderten Daten für die Anzeige, automatisch erfolgt. Die Randbereinigung ist ein spannendes Thema für alle Arten von Karten, egal ob eine Karte eine Geschichte erzählt oder Fakten präsentiert. Randbereinigung gehört zu einem schönen Kartendesign und sie ist ein Kriterium für die Qualität einer Karte.

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